LuxemburgCorona-Krise hat soziale Ungleichheiten verschärft

Luxemburg / Corona-Krise hat soziale Ungleichheiten verschärft
Lohnabhängige und Selbstständige aus dem Hotel-, Restaurant- und Gaststättengewerbe sind am stärksten von Einkommensverlusten betroffen Foto: Editpress/Julien Garroy

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In einer qualitativen Untersuchung hat das Statistikamt Statec ermittelt, dass sich die sozialen Ungleichheiten in Luxemburg während des Lockdowns noch verschärft haben. Menschen mit eh schon niedrigen Einnahmen sind am stärksten von Einkommensverlusten betroffen. Als Gründe werden Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust, Lohnkürzungen und die unfreiwillige Einstellung der Geschäftstätigkeit angeführt.

Die Corona-Pandemie hat sich in den vergangenen Wochen von einer sanitären zu einer sozialen Krise größeren Ausmaßes entwickelt, die Ungleichheiten entlang von Klassen-, Geschlechts- und Generationsgrenzen verschärft. Zu dieser Erkenntnis gelangt das Statistikamt Statec in einer am Freitag veröffentlichten qualitativen Untersuchung über die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19. Von Einkommensverlusten in der Krise sind laut Statec Geringverdiener und junge Arbeitnehmerinnen am stärksten betroffen. Obwohl insgesamt lediglich 16% der Einwohner Luxemburgs mit Einbußen zu kämpfen haben – Grenzpendler wurden in der Untersuchung nicht berücksichtigt –, leiden Lohnabhängige und Selbstständige aus dem Hotel-, Restaurant- und Gaststättengewerbe (56,2%), aus dem Handel (42,9%), der Industrie (42,1%) und dem Bausektor (39,3%) am meisten unter Einkommensverlusten. In diesen Wirtschaftssektoren liegen die Löhne zum größten Teil am oder nur knapp über dem unqualifizierten Mindestlohn.

Für 70,8% der Betroffenen war die Kurzarbeit ausschlaggebend für das gesunkene Einkommen. Auch wenn die Gewerkschaften mit der Regierung ausgehandelt hatten, dass die Gehälter bei der Kurzarbeit nicht unter die Grenze des unqualifizierten Mindestlohns fallen dürfen, liegen die Löhne in den am meisten betroffenen Sektoren oft zwischen dem qualifizierten und dem unqualifizierten Mindestlohn, sodass es durchaus zu Einkommensverlusten durch Kurzarbeit gekommen sei, bestätigt David Angel, Zentralsekretär des Syndikats Handel beim OGBL. Ein weiteres Problem, das das Statec nicht explizit in seiner Untersuchung anführt, sei, dass im Gaststättengewerbe ein nicht geringer Anteil der Lohnabhängigen ganz oder teilweise schwarzarbeitet. Diese Angestellten hätten nicht oder nur bedingt von den sozialen Maßnahmen der Regierung profitieren können, präzisiert Angel. Mehr als die Hälfte (57,5%) der von Einkommenseinbußen Betroffenen waren laut Statec Selbstständige und Freiberufler. Als Gründe führen die Befragten vor allem die unfreiwillige Reduzierung der Arbeitszeit, Arbeitsplatzverlust oder Lohnkürzungen sowie unfreiwillige Einstellung der Geschäftstätigkeit infolge des Lockdowns an.

Am geringsten fielen die Einkommensverluste in den Bereichen Bildungswesen (13,2%) und Verwaltungsdienste (7,7%) aus. Insgesamt mussten 82% der Einwohner Luxemburgs nicht auf ihr geregeltes Einkommen verzichten, bei 2% sind die Einkünfte sogar gestiegen.

Junge Frauen zollen hohen Tribut

Nach Alterskategorie sind die 18- bis 24-Jährigen und die 45- bis 54-Jährigen am stärksten von der Krise gebeutelt. Insbesondere die jungen Frauen müssten einen hohen Tribut zollen, schreibt das Statec. 25% der von Lohneinbußen Betroffenen finden sich in dieser Kategorie wieder. Diese Erkenntnisse decken sich zum Teil mit den von der Adem veröffentlichten Arbeitslosenzahlen für Mai 2020. In der Kategorie der unter 30-Jährigen ist die Erwerbslosenquote innerhalb eines Jahres um rund 53% angestiegen. Laut Statec sind fast 21% der Studenten von Lohneinbußen in der Corona-Krise betroffen.

In seiner Untersuchung hat sich das Statistikamt auch mit den Wohnverhältnissen und seinen Auswirkungen auf das Wohlbefinden auseinandergesetzt. Vor diesem Hintergrund kommt das Statec zu dem Schluss, dass Menschen, die in kleinen Wohnungen ohne Außenbereich leben, häufiger mit Einkommensverlusten zu kämpfen haben als Menschen, die in großen Häusern mit Terrasse und/oder Garten wohnen.

Die Untersuchung „Impact Covid-19“ über die sozioökonomischen Bedingungen hat das Statec in Zusammenarbeit mit TNS Ilres durchgeführt. Insgesamt wurden 2.031 Einwohner Luxemburgs befragt. Eine quantitative Studie über Einkommen und Ausgaben der Haushalte soll zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden.