Rentrée 2020/2021Maximale Chancen für Bildung, minimale Chancen für Virus

Rentrée 2020/2021 / Maximale Chancen für Bildung, minimale Chancen für Virus
Mit Spannung wurden die Ankündigungen von Bildungsminister Claude Meisch zur „Rentrée“ erwartet. Bis zuletzt nämlich schien vieles noch im Unklaren zu liegen. Überraschungen bleiben allerdings aus.  Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Eine maximale Chance für die Bildung und minimale Chancen zur Verbreitung des Virus: Zur „Rentrée“ am 15. September soll wieder Normalität im Schulbetrieb einkehren – so weit es geht. Wie die Behörden das umzusetzen gedenken, hat Bildungsminister Claude Meisch nun bei einer Pressekonferenz verraten.

Ein möglichst normales, dafür aber umso sicheres Schuljahr: Das hat sich Bildungsminister Claude Meisch (DP) für die kommenden Wochen und Monate gewünscht. „Covid-19 wird dem Schuljahr 2020/2021 wohl nicht nur am Anfang seinen Stempel aufdrücken“, stellte der Minister gestern während der Pressekonferenz zur „Rentrée“ am 15. September fest. Deshalb genieße der Schutz aller Schüler und Lehrer oberste Priorität.

Den Sommer haben die Bildungsbehörden genutzt, um gemeinsam mit allen Akteuren einen Maßnahmenkatalog auszuarbeiten, der den aktuellen Herausforderungen gerecht wird, gleichzeitig aber über die nächsten Monate hinweg Bestand haben kann. So sei auch nicht auszuschließen, dass die Pandemie das gesamte Schuljahr überdauert und die Maßnahmen über den kommenden Juli hinaus Bestand haben müssen.

Die Schüler sollen trotz Covid-Bedingungen keine Abstriche machen und ein möglichst normales Schuljahr erleben – und das mit sämtlichen Fächern und Aktivitäten, die auch vor der Pandemie schon angeboten wurden. Diese Bestrebungen hätten bei der Ausarbeitung der Maßnahmen im Mittelpunkt gestanden, wie Meisch betonte. Eine „größtmögliche Normalität“ in „größtmöglicher Sicherheit“: Das sei das Ziel gewesen, so der Bildungsminister.

„In der Kontinuität dieser Regeln“

Während die sanitären Regeln und Pandemie-Maßnahmen kurz vor den Sommerferien für alle Schulen die gleichen waren, wollen die Behörden zur „Rentrée“ vielmehr auf eine differenzierte Herangehensweise setzen. Dabei profitieren die Verantwortlichen von den wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen der letzten Monate, um noch gezielter auf bestimmte Anforderungen eingehen zu können.

Die Wirksamkeit der sanitären Regeln stellt Minister Meisch allerdings nicht infrage. Ganz im Gegenteil: Barriere-Gesten, hygienische Maßnahmen, Mindestabstände und Masken haben sich bewährt. Der Schulanfang soll demnach auch „in der Kontinuität dieser Regeln“ angegangen werden, so Meisch. Eine differenzierte Herangehensweise aber erlaubt es den Behörden, auf bestimmte Situationen vor Ort gezielter reagieren zu können.

Bis dato seien die sanitären Regeln in allen Gebäuden die gleichen gewesen. Jetzt aber sollen die Maßnahmen der jeweiligen Situation angepasst werden. Ob nun in einer Schule, in einer anderen Betreuungseinrichtung oder gar in der Region: „Dort, wo das Virus verstärkt auftritt, werden strengere sanitäre Regeln angewandt“, verspricht der Minister. Dies habe zum Vorteil, dass der Alltag in Schulen, die kaum vom Virus betroffen sind, weitaus weniger beeinträchtigt wird.

Indessen soll die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden weiter vertieft werden. Zu diesem Zweck wurde eine Art Taskforce mit Vertretern sämtlicher implizierten Dienststellen ins Leben gerufen, die sich täglich absprechen und in aller Transparenz kommunizieren soll. Die Menschen sollen den Schulen und den ergriffenen Maßnahmen vertrauen können, so Meisch. Die Taskforce um das Expertengremium „Covid-19 and Education“ soll rasch auf sich entwickelnde Situationen reagieren und entsprechende Anpassungen vornehmen.

Gut durchlüften!

Mehr als 50 Prozent der Neuinfektionen können derzeit Menschen zugeteilt werden, die gerade erst aus dem Urlaub zurückgekehrt sind. In diesem Zusammenhang soll auch die Teststrategie neu ausgerichtet werden, indem sich das „Large Scale Testing“ künftig verstärkt auf Familien mit Kindern im Schulalter konzentriert. Eltern, Schüler und Lehrer haben aber auch die Möglichkeit, sich nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub noch rechtzeitig vor dem Schulbeginn auf eigene Initiative testen zu lassen. Minister Meisch rief dazu auf, Verantwortung zu zeigen und von diesem Angebot Gebrauch zu machen.

In den Schulgebäuden gelten indessen weiterhin strenge sanitäre Regeln, die von hygienischen Maßnahmen begleitet werden. So wird bei der Einrichtung auch weiterhin darauf geachtet, dass die Mindestabstände eingehalten werden können. Außerdem sollen Begegnungspunkte zwischen den Schülern soweit es geht ausgeschlossen und Oberflächen weiterhin regelmäßig gereinigt werden. Masken müssen auch weiter getragen werden, bis die Schüler im Klassenzimmer ihren Platz einnehmen.

In diesem Zusammenhang soll in den kommenden Wochen besonders viel Wert aufs Lüften gelegt werden, so Meisch. Damit wollen die Behörden jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen. Die Verantwortlichen wurden etwa dazu aufgerufen, sämtliche Räume auch tagsüber möglichst oft zu durchlüften. Nach Kursende aber sollen die Gebäude besonders intensiv durchlüftet werden, indem sämtliche Fenster und Türen für eine längere Zeit weit aufgerissen werden. Das Lehrpersonal soll gleichzeitig dazu ermutigt werden, mit den Schülern möglichst oft ins Freie zu gehen.

Zur „Rentrée“ werden auch die Schulrestaurants wieder in Betrieb genommen. Dort gelten die gleichen Regeln wie in normalen Restaurants: Nie mehr als zehn Leute an einem Tisch, die Maske darf nur am Tisch abgenommen werden, keine Selbstbedienung am Tresen oder Buffet. In der Grundschule sind die „Frupstuten“ passé, im Sekundarunterricht aber wird die Option weiter angeboten.

Schulen haben die Wahl

Anfällige Schüler und Lehrer können weiterhin von zu Hause aus arbeiten. Sie sollen besonders geschützt werden, so Meisch. Auch wird erstmals den Schulen die Wahl gelassen, ob Klassen aufgeteilt werden können, um zum Teil auch von zu Hause aus per Stream unterrichtet zu werden. Es ist den Direktionen überlassen, ob und wie sie die Teilung vornehmen. Indessen will das Bildungsministerium entsprechende Maßnahmen materiell unterstützen: Im Lauf der nächsten Woche soll eine Bestellung von 15.000 Laptops und Tablets eingehen – für Schüler (und Lehrer), die nicht über die nötigen Mittel verfügen, um von zu Hause aus arbeiten zu können. 

Ähnliches gilt auch für die Maskenpflicht: Die Schuldirektionen können entscheiden, ob Schüler ihre Masken während des Unterrichts abnehmen können oder weiter tragen müssen. Ausgenommen sind Prüfungen, wo sämtliche Schüler von der Maskenpflicht entbunden sind. „Schüler und Lehrer sollen sich wohlfühlen. Deshalb wollen wir den Schulen verschiedene Entscheidungen selbst überlassen“, erklärt Claude Meisch.

Waren verschiedene Kurse vor den Sommerferien ganz ausgefallen, soll ab dem 15. September aber wieder das ganze Curriculum angeboten werden. Sport, Kunst oder andere Fächer gehörten ebenfalls zur Bildung, so der Minister. Ausflüge seien wieder erlaubt, wenn auch vorerst nur in Luxemburg selbst.

Mit diesen Maßnahmen erhoffen sich die Bildungsbehörden, ein maximales Recht auf Bildung bei minimaler Verbreitung des Virus anstreben zu können. Bereits in normalen Zeiten stehe die Leistungsschere in Luxemburg weit offen. Diese soll aufgrund der Pandemie nicht noch weiter auseinandergetrieben werden, versprach der Minister. „Das aktuelle Konzept zur ,Rentrée’ trägt genau diesen Überlegungen Rechnung“, so Meisch. „Wir wollen eine maximale Chance für die Bildung mit minimalen Chancen für das Virus.“


Die Maßnahmen im Überblick

  • Aktivitäten: Ausflüge sind wieder erlaubt, wenn auch zunächst nur in Luxemburg.
  • Home-Schooling: Gefährdete Schüler und Lehrer sowie Klassen in Quarantäne erhalten die nötigen Mittel, um zu Hause arbeiten zu können.
  • Organisation: Innerhalb der Klassensäle sind die Abläufe klar geregelt. Jeder Schüler hat seinen eigenen Platz, Pausen werden zeitversetzt abgehalten.
  • Bewegung: Sportkurse werden wieder angeboten, mit einem Schwerpunkt auf Aktivitäten im Freien. Achtung: Maskenpflicht, außer auf dem Feld.
  • Maskenpflicht: Mund und Nase müssen mit einer Maske oder einem Buff geschützt werden, außer am eigenen Platz (sollte es die Schule erlauben).
  • Sanitäre Regeln: Hand-Hygiene wird gezielt gefördert.
  • Material: Schulen stellen Schutzschilde, Masken, Gel-Spender und anderes Schutzmaterial zur Verfügung.
  • Gute Luft: Die Gebäude werden mehrere Male am Tag durchlüftet. Die Fenster bleiben geöffnet, solange es das Wetter erlaubt. 
  • Hygiene: Oberflächen und sanitäre Einrichtungen werden regelmäßig gründlichst gereinigt.
  • Kaum Kontakt: Begegnungspunkte werden weitgehend eliminiert, u.a. indem Bewegungsabläufe im Gebäude umgeleitet werden.
  • Begegnungen: Mindestabstände und Trennwände in Lehrerraum und Bibliothek, zeitversetzte Pausen.
  • Kantine: Strenge Regeln in Schulrestaurants mit max. zehn Leuten pro Tisch, Händewaschen vor und nach dem Essen, keine Selbstbedienung sowie Maskenpflicht (außer am Tisch).
  • Zwei Meter: Erwachsene werden bei Lehrerkonferenzen oder Elterntreffen regelmäßig auf Mindestabstände aufmerksam gemacht.
  • Symptome: Eltern, Schüler und Lehrer sind aufgerufen, die Schule bei Grippesymptomen zu vermeiden. Eltern werden in Verantwortung genommen und gezielt auf Symptome-Erkennung geschult.
  • Gefährdete Personen: Ob jemand gefährdet ist, bestimmt der jeweilige Hausarzt. Der Befund wird bei Lehrern von einem Arbeitsarzt bestätigt. 
  • Betreuungseinrichtungen: Gruppen sind auf 30 Kinder beschränkt.
  • Unterricht: Lehrer werden dazu ermutigt, mit ihren Schülern so viel Zeit wie nur möglich im Freien zu verbringen.